Hier geht’s zurück zum Teil 1 des Reisetagebuches.
Ich überspringe vorerst unsere Reise (von Plovdiv in Bulgarien durch den Grossteil der Türkei) bis Erzurum in Ostanatolien.
Dieser Teil 2 wird später nachgereicht.
5.4.2018:
Etwa 1500 Kilometer sind wir seit der bulgarisch-türkischen Grenze ostwärts über die Weiten der anatolischen Hochebene nach Erzurum gefahren. Diese Metropole Ostanatoliens liegt auf 1900m Meereshöhe und hat eine halbe Million Einwohner. Wie seit Tagen auch hier herrliches, meist wolkenloses Wetter: tagsüber etwa 25 Grad warm, in der Nacht mit Minusgraden doch ziemlich kalt. Wir sind nachts und beim Frühstück recht froh über unsere gut funktionierende Gas-Standheizung.
Nur wenige Kilometer außerhalb der Stadt liegt das Schizentrum „Palandöken“, das eigens 2011 für die Universiade errichtet wurde. Im Gegensatz zu den Alpen liegt hier dieses Jahr in der Türkei eher wenig Schnee und das Schigebiet ist bereits geschlossen. Für uns kein Problem, wir haben ja die Tourenausrüstung dabei. Eine erste Erkundung ergibt: Schattseitig eine verharschte, tragende Altschneedecke, darüber eine etwa 2 Tage alte pulvrige Neuschneeschicht. Weit ist es nicht zum 3150m hohen Gipfel des Buyukeider Tepe – nicht mal 1000 Höhenmeter – aber das Gehen tut nach all der Fahrerei echt gut.
Der Aprilpulver staubt:
6.4.2018:
Die Nacht war mühsam: die Hunde die gestern tagsüber so friedlich geschlafen haben, veranstalten in der Nacht ein Höllengebelle. Dabei wäre es sonst so schön ruhig gewesen: nicht mal einen Muezzin hat man hier heroben gehört. Normalerweise ist ja in der Türkei kurz vor 5 Uhr morgens Tagwache, wenn man in Ortsnähe übernachtet. Wir drehen uns dann einfach nochmal im Bett um …
Weil’s gestern so schön war, gehen wir heute nochmal auf den Buyukeider Tepe, nehmen aber eine etwas andere, steilere Route. Ein Pulvertraum!
Nachdem wir dann die Ausrüstung wieder am Auto verstaut haben, fahren wir in die Stadt. In einer Reinigung wird für 15 Lira (3 €) unsere Wäsche liebevoll gewaschen, getrocknet und gebügelt. Inzwischen schlagen wir uns mit der hiesigen Spezialität Çağ Kebab die Bäuche voll: Von einem großen Drehspieß werden kleine Spieße abgezwackt, die mit Salat, scharfer Soße, Joghurt, Zwiebeln und gebratenen Pfefferoni serviert werden. Lecker!
7.4.2018:
Wir lassen uns in Frisiersalons verschönern, kaufen das letzte Bier vor dem Iran (dort kein Alkohol) und fahren weiter ostwärts, in Richtung iranische Grenze. Nach gut 200km machen wir bei heißen Quellen einen Zwischenstop.
Überall freundliche Kurden, die uns bei den Ortsdurchfahrten zuwinken und „Merhaba“ oder „Hoş geldiniz!“ (Willkommen) rufen.
Als wir bei den interessanten, aber wenig zum Baden einladenden heißen Thermalquellen von Diyadin sind, lachen uns herrlich weiße Berghänge an …
… und spontan beschließen wir, noch einen Schitouren-Versuch zu machen. Über eine wilde Schotterpiste schraubt uns der Hilux mit Allrad stundenlang höher und höher in die Berge, vorbei an ärmlichen und trutzigen Bergdörfern, bis auf 2600m kurz vor Einbruch der Dunkelheit endgültig Schluss ist.
Ein paar Kurden begrüßen uns freundlich, fragen was wir in dieser gottverlassenen Gegend wollen und schütteln verständnislos die Kopfe als ich ihnen unser Vorhaben mit Händen und Füßen zu erklären versuche. Es ist aber auch wirklich relativ sinnlos: selbst von hier hätten wir noch weit zu Fuß zu gehen und eine Nacht hier heroben lockt uns nicht allzusehr. So brechen wir ab, nicht ohne über diesen Abstecher ins wilde Kurdistan froh zu sein, es war schließlich ein Erlebnis der besonderen Art.
Wir kurven also wieder ins Tal und suchen ein ruhiges Nachtplätzchen. Irgendjemand hat damit allerdings keine rechte Freude: Das erste mal werden wir von eher wilden Gesellen – 5 Mann hoch – mit Maschinenpistolen kontrolliert und unsere Pässe abfotografiert. Keine Ahnung, ob die von der PKK oder vom Militär waren, sie haben sich nicht vorgestellt. Eine halbe Stunde später – wir hatten gerade geduscht – kommen sie nochmals und ich soll per Telefon mit dem Kommandanten reden. Der erklärt mir in relativ gutem Englisch, es sei eine „dangerous terrorist area“ und wir sollten hier verschwinden. Auf meine Frage ob das ein Rat oder ein Befehl sei, geht er nicht so recht ein 😉 Wir hätten uns jedenfalls sicher genug gefühlt. Schließlich werden wir vom Militär (das war es offensichtlich) aus der „Gefahrenzone“ eskortiert, weitere Diskussion zwecklos.
8.4.2018:
Auf dem Weg zurück zur Hauptstrasse kommen wir morgens an einem Viehmarkt vorbei und schauen uns das natürlich an. Wie zu erwarten sind wir plötzlich die Hauptattraktion, schütteln viele Hände. Als wir dann den Tee zahlen wollen, den wir am Markt trinken heißt es: „Der ist schon bezahlt!“
Kurdische Gastfreundschaft.
Auch sonst viele freundlich-neugierige Begegnungen:
Kurz darauf sehen wir an einem kleineren, nur 2000m hohen Pass zum ersten Mal den Ararat in seiner ganzen Pracht. Ein perfektes Frühstücksplatzerl, wo bei der Gelegenheit wieder mal dieser Blog aktualisiert wird.
Später kommt noch ein Schafhirte mit seinem Sohn (zu Pferd) vorbei und ich werde freundlich genötigt zum grenzenlosen Gaudium der beiden Einheimischen eine Runde zu reiten. Das Pferd ist zwar etwas zu klein für mich aber gottseidank von sanftem Gemüt …
Es sind nur noch wenige Kilometer bis zur Grenzstadt Dogubayazit, wo wir durch den Markt schlendern aber die Erdbeeren hier sehen nicht besonders gut aus, Sie müssen ja 1500 km aus der Westtürkei angeliefert werden. Viel wichtiger ist uns eh, dass wir unseren Klopapiervorrat hier nochmals aufstocken können. In iranischen Hocktoiletten benutzen die Einheimischen Wasser und die linke Hand.
(Nachträgliche Anmerkung, vor allem gedacht für Iranreisende nach uns: Das war totaler Blödsinn. Im Iran ist Toilettenpapier weit verbreitet und überall erhältlich. Wie praktisch alles ist auch das Klopapier im Iran viel günstiger als in der Türkei).
Anschließend besuchen wir den imposanten Ishak-Pascha-Palast, der im wunderbaren Nachmittagslicht so richtig gut zur Geltung kommt.
Ausnahmsweise übernachten wir in der Stadt auf einem gebührenpflichtigen Parkplatz, Blick auf den Ararat inklusive … … nachdem wir zu zweit um 5 Euro leckere vegetarische Pide (türkische Pizzavariante) mit Salat, Getränken und Internetzugang konsumiert haben.
9.4.20018
Noch 30 Kilometer bis Iran und der Grosse und der Kleine Ararat begleiten uns:
Unmittelbar vor der türkisch-iranischen Grenze gibt es noch einen Meteorkrater zu besichtigen. Unsere Pässe werden beim Militärposten einbehalten. Der Krater selbst ist etwas eigenartig. 1920 soll ein Meteor hier eingeschlagen haben, aber ich vermisse die zu erwartenden seitlichen Schockmoränen und dass der Meteor ein senkrechtes Loch verursacht haben soll wirkt unnatürlich. Da muss ich noch nachrecherchieren.
Zusammenfassung / Reiseinformationen Türkei:
Durch den sehr günstigen Wechselkurs (ca. 1:5) ist die Türkei derzeit extrem preiswert. Diesel kostet zwischen 4.75 und 5,40 TL – also ca. 1 Euro. Essen und Getränke ebenfalls spottbillig, ähnlich wie in Serbien und Bulgarien. Bezüglich Sprachbarriere hat sich ausserhalb der Touristenzentren am Mittelmeer nichts geändert: Keinerlei Fremdsprachenkenntnisse, nicht mal von jungen Leuten z.B. in Mobilfunkläden, wo man ein wenig Englisch erwarten würde.
In Richtung Osten so gut wie keine Polizeikontrollen auf den Hauptstrassen, auf der Gegenfahrbahn haben wir solche oft beobachtet. Im Kurdengebiet wildes übernachten zum Teil nicht geduldet. Nächtliches Hundegebell praktisch überall und extrem nervig. Die Bevölkerung ist sehr freundlich, mit vereinzelten Ausnahmen in Istanbul. Alle Schnellstrassen (keine Maut!) in hervorragendem Zustand, abgesehen von kurzen Abschnitten östlich von Erzurum. Jedenfalls generell wesentlich besserer Fahrbahnzustand als österreichische Autobahnen! Geschwindigkeitsbeschränkungen können getrost ignoriert werden. Sie sind teilweise völlig sinnlos bzw. unverhältnismäßig, Radarkontrollen haben wir kaum gesehen.
In der Osttürkei wird generell viel Infrastruktur-Investitionsaufwand betrieben, z. B. Staudämme zur Bewässerung und Energiegewinnung. Was nach wie vor absolut fehlt ist ein Umweltbewusstsein (massives Müllproblem).
Versorgungslage: Alles gut und günstig erhältlich, auch importierte mitteleuropäische Produkte. Nur als Beispiel z. B. in Migros-Märkten Barillanudeln und Rotweine zu Preisen etwa wie in Mitteleuropa.
Hier unsere Reiseroute von Österreich bis an die iranische Grenze. Die Karte ist zoom- und verschiebbar:
Hier geht’s weiter zum Teil 4 des Reisetagebuches.
Hallo ihr Lieben!
Vielen Dank für eure wirklich spannenden Ausführungen, die ich gerne lese und euch so auf eurer spannenden Reise „ein wenig“ begleiten darf!
Ich hoffe, ihr kommt gut voran und habt eine unvergessliche Zeit. So warte ich mit Spannung auf euren nächsten Blog und bin im Gedanken sehr, sehr oft bei euch!
Bussal und liebe Grüße
Sabine
PS: Bitte Max, such dir das nächste Mal ein größeres Pferd aus …. der Gaul hat mir bei deiner Länge richtig leid getan 😀 😀 😀 (grins)
Ja, das Pferd war viel zu klein, aber es hat sich auch nicht beschwert :))
LG Max
Es fehlen nur die langen Haare, dann würde Max wie Winnetou aussehen (die Haltung am Pferd ist schon sehr ähnlich)
Viele weitere schöne Erlebnisse. Petra
Danke für deinen charmanten Kommentar liebe Petra. Genau diese Haltung in dem Moment war es, weshalb ich das Foto eigentlich nicht einstellen wollte… 🙂
Lg, Max
Muß wild aber schön sein . Alles Gute für die Weiterfahrt. Mutti.